Switch Tutor – Toleranz und Respekt

Kulturbrücke Hamburg e.V.

1. Aufgabenfelder des Projektträgers:
Als eingetragener gemeinnütziger Verein besteht die Kulturbrücke Hamburg e.V. seit 2003 und hat seither mehrere Projekte mit dem Schwerpunkt auf Bildung von Kindern und auf Völkerverständigung initiiert. Wir verfolgen das Ziel, Brücken zwischen den verschiedenen Kulturen in der Stadt Hamburg und darüber hinaus zu bauen. Dabei stehen zwischenmenschliche Begegnungen, die Sensibilisierung für Andersartigkeit sowie die Begeisterung für Vielfältigkeit im Vordergrund.

2. Allgemeinen Finanzierung des Trägers:
Die Finanzierung des Projekts basiert ausschließlich auf Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Leider erhalten wir keine Förderung durch öffentliche Mittel. Da wir unsere Projekte kostenlos für die Kinder und Jugendlichen in den Geflüchteten-Unterkünften anbieten, sind wir auf finanzielle Unterstützung angewiesen.

3. Projektbeschreibung:
Im März 2019 wurde zunächst das Projekt "Switch Tutor – Lernen mit Spaß" ins Leben gerufen. Dieses bietet Hausaufgabenbetreuung für geflüchtete Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren an. Dafür kommen Studierende als TutorInnen in die Wohnunterkünfte. Nach fünf Jahren Projekterfahrung müssen wir leider feststellen, dass viele der Teilnehmenden starke Vorurteile gegenüber anderen haben. Gewalt und Hass spielen nicht selten eine Rolle – vor allem ethnische Konflikte stehen dabei im Vordergrund. Besonders seit der erneuten militärischen Eskalation im Nahen Osten haben diese Dynamiken zugenommen.

Um dem entgegenzuwirken, haben wir beschlossen, unser neues Projekt "Switch Tutor – Toleranz und Respekt“ ins Leben zu rufen. Dieses soll als Workshop-Format stattfinden und wird an das bisherige Projekt "Switch Tutor – lernen mit Spaß" angedockt. Nach der diesjährigen Pilotphase sollen die Workshops ab Januar 2025 regelmäßig stattfinden und fester Bestandteil des Angebots von Kulturbrücke Hamburg e.V. werden. Ziel der Workshops ist es, Stereotype abzubauen und Verständnis und Toleranz für jegliche Lebens- und Religionsformen zu schaffen. Auch diskriminierende Vorstellungen von Geschlechterrollen sollen hinterfragt und aufgebrochen werden, Akzeptanz und Offenheit wollen wir fördern. Die Teilnehmenden sollen lernen, dass ihr Verhalten Auswirkung darauf hat, wie sie von ihren Mitmenschen gesehen und selbst behandelt werden. Ethisch und moralisch korrektes Verhalten im Sinne unserer Grundrechte soll der Maßstab sein.

Statt monotoner Vorträge und einseitiger Appelle sollen die Workshops – entsprechend des Switch Tutor-Projektes – spielerisch und reziprok gestaltet werden. Dabei kommen zum Beispiel Quizze, Rollenspiele, Gedankenreisen oder Teamaufgaben infrage, um nur einige Beispiele zu nennen. Dadurch sollen die Teilnehmenden zum Mitmachen, Nachdenken und zur Selbstreflektion animiert werden. Der Bezug des Erlernten zur eigenen Lebensrealität soll erkannt und eventuelles Fehlverhalten identifiziert werden. Im besten Fall gelangen die Kinder selbst zu Schlüsselerkenntnissen und dienen am Ende des Workshops als Multiplikator:innen, indem sie das erlernte Wissen an ihre Mitmenschen weitergeben.

Die Workshops sollen regelmäßig, zweimal pro Woche für jeweils eine Stunde, stattfinden und an unser Projekt "Switch Tutor – lernen mit Spaß" angeknüpft werden. Derzeit sind wir in elf Unterkünften aktiv und beschäftigen insgesamt 12 TutorInnen. Damit das neue Projekt in allen Unterkünften angeboten werden kann, sind wir auf eine solide Finanzierung angewiesen.

4. Erfahrungsberichte:
Hourvash Pourkian ist Gründerin und Vorsitzende unseres Trägervereins Kulturbrücke Hamburg e.V. Seit sechs Jahren hält sie als Dozentin im Rahmen des Projektes „Karriere mit Lehre“, welches von der Industrie- und Handelskammer durchgeführt wird, Vorträge an Schulen. Meist besucht sie dort zehnte und elfte Klassen. Sie kommt also mit Schüler:innen im Alter von 16 bis 18 Jahren in Kontakt. Die Tatsache, dass viele, sowohl männliche als auch weibliche, Schüler:innen der Ansicht sind, Frauen müssten keinen Beruf erlernen, weil sie ohnehin heirateten und der Ehemann dann für die finanzielle Absicherung zuständig sei, schockiert Frau Pourkian zutiefst: „Deswegen müssen wir so früh wie möglich mit der Aufklärung und Bildung anfangen – und zwar in den Unterkünften, wenn die Kinder noch klein sind und am Anfang ihrer Persönlichkeitsbildung stehen.“

Unser Tutor Leonard hat 2023 den Pilotworkshop geleitet und schildert folgende Erfahrungen:
„Wir sehen leider sehr oft, dass die Kinder Vorurteile haben. Zum Beispiel sagen die Mädchen, dass sie kein Fußball spielen wollen, weil sie das angeblich nicht dürfen. Wir erklären den Mädchen dann, dass sie das durchaus dürfen, wenn es ihnen Spaß macht – ein Mädchen darf genauso Fußball spielen, wie ein Junge. Ein Junge darf aber auch stricken, wenn er will. Ich habe es auch schon erlebt, dass ein Mädchen in der Schule nicht neben ihrem jüdischen Mitschüler sitzen wollte, weil ihr Vater behauptet hat, dass die Juden die Palästinenser umbringen.“

Tutorin Sina ist seit Projektgründung dabei und unsere älteste Tutorin bei Switch-Tutor:
„Manche Jugendliche konnten die Bücher, die in der Schule gelesen wurden, nicht so gut nachvollziehen, wenn es beispielsweise um Homosexualität oder psychische Erkrankungen ging. Außerdem erinnere ich mich an eine Unterhaltung zwischen zwei jungen Mädchen. Es ging darum, dass die eine nicht verstehen konnte, warum die andere nicht draußen spielen durfte. Hintergrund aber war, dass die Familie des besagten Mädchens als jesidische Familie vor dem IS geflohen und sehr verängstigt war.“

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